Von der Freude des Gebens

Autor*in:  | 25. Januar 2024

Anik, L. et al. (2009)

Leitartikel: Feeling Good about Giving: The Benefits (and Costs) of Self-Interested Charitable Behavior.

Der vorliegende Artikel untersucht zu Beginn den grundsätzlichen Zusammenhang zwischen gemeinnützigem Verhalten (Geben) und Glück. Hierfür wurden die folgenden Hypothesen aufgestellt:

  1. „Glücklichere Menschen geben mehr.“
  2. „Geben macht Menschen glücklicher.“

„Glücklichere Menschen geben mehr.“
Tatsächlich konnten zahlreiche Studien nachweisen, dass positive Stimmungen, egal, ob experimentell herbeigeführt oder natürlich auftretend, die Hilfsbereitschaft von Menschen erhöhen. Nach dem Erleben positiver Ereignisse, wie zum Beispiel das Auffinden eines Cents in Münztelefonen oder der Erhalt eines kostenlosen Kekses, waren Versuchsteilnehmende eher dazu bereit, etwas zu geben oder Hilfe zu leisten. Es wird davon ausgegangen, dass glückliche Menschen emotional besser dazu in der Lage sind, da sie entweder von positiven Emotionen angetrieben sind oder über eine optimistischere Persönlichkeit verfügen. Dieser Effekt zeigte sich in unterschiedlichen Kontexten und Settings und kann somit beispielsweise am Arbeitsplatz genutzt werden, wo Erwerbstätige auch hier vermehrt hilfreiches Verhalten zeigten, nachdem eine positive Stimmung erzeugt wurde.

Interessanterweise zeigten sich ähnliche Effekte durch das Erleben einer negativen Stimmung. Cialdini und Kollegen (1987) konnten beispielsweise zeigen, dass die Hilfsbereitschaft anstieg, nachdem beobachtet wurde, wie die betroffene Person einen leichten Stromschlag erlitt. Zurückzuführen ist dies auf ein erhöhtes Einfühlungsvermögen und erhöhte persönliche Traurigkeit. Ähnlich stellten Small und Verrochi fest, dass, wenn Wohltätigkeitsaufrufe Opfer mit traurigem Gesichtsausdruck abbildeten, sich das Mitgefühl erhöhte und somit die Bereitschaft zum Spenden.

 

„Geben macht Menschen glücklicher.“
Bereits Aristoteles argumentierte im antiken Griechenland, dass jeder Mensch nach „Eudaemonia“ strebe. Darunter versteht man einen Glückszustand, welcher entsteht, wenn Individuen jenes Glück erreichen durch die Erfüllung ihrer moralischen Pflichten erfahren.
Auch auf biologischer Ebene konnte der Zusammenhang zwischen Glück und Geben nachgewiesen werden. Ergebnisse einer funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) zeigten, dass wohltätige Geldspenden ähnliche Gehirnareale aktivieren, die auch mit der Erfahrung von Vergnügen und Belohnung verbunden sind. Ähnliche Gehirnaktivität zeigte sich bei Kokainkonsum, Kunst oder dem Betrachten attraktiver Gesichter (Aharon et al ., 2001; Vartanian & Goel, 2004; siehe Elliott, Friston & Dolan, 2000).
Es kann also davon ausgegangen werden, dass Spenden von Natur aus als lohnend empfunden wird.
Doch nicht nur Spenden, auch Freiwilligenarbeit war mit einer höheren allgemeinen Lebenszufriedenheit verbunden (Meier & Stutzer, 2008), sowie mit einer Verbesserung von Angstzuständen und Depressionen, einer Reduzierung von Stresshormonen und generell verbesserter Gesundheit (Field, Hernandez-Reif, Quintino, Schanberg & Kuhn (1998).
Im Gegensatz hierzu hatten persönliche Ausgaben keinen Zusammenhang mit der Zufriedenheit.
Anik und Kollegen konnten in ihrer Studie überdies, dass der Betrag der gemeinnützigen Ausgaben Ausgabenbetrag nicht groß sein muss, um positive hedonische Gewinne zu ermöglichen, da prosoziale Einkäufe mit nur fünf Dollar ausreichten, um das Glücksniveau zu steigern.

 Es kann also von einer Art kulturübergreifendem Kreislauf ausgegangen werden, in welchem glückliche Menschen mehr geben, sich dann durch die Erinnerungen an frühere prosoziale Ausgaben glücklicher fühlen, dann mehr geben und so weiter.

In einem zweiten Teil geht der Artikel der Frage nach, ob jene intrinsische Motivationen zum Spenden verdrängt wird, sobald die Vorteile des Spendens in Werbungen angepriesen werden. Indem also Menschen aufgefordert werden, etwas zu geben, um sich selbst danach besser zu fühlen, wird ein rein sozialer Akt durch wirtschaftliche Erwägungen manipuliert.

 

„Externe Anreize vermindern die Hilfsbereitschaft.“
Doch nicht nur das Versprechen von Zufriedenheit und Glück soll potentielle Geber zu Spenden motivieren, auch wirtschaftliche Anreize wie Steuererleichterungen oder die soziale Signalisierung des eigenen Reichtums oder Status.
Fraglich ist dieses Vorgehen nicht nur aus moralischer Sicht, sondern auch aus ökonomischer. So sind Menschen aus sozialen intrinsischen Beweggründen heraus dazu bereit, sich zu engagieren – werden jedoch externe Anreize angeboten, wird eine Art Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. Dies führt dazu, dass kleine Geldbeträge reichen nicht mehr ausreiche, um das zu tun, wofür sie aus altruistischeren Gründen bereit waren.
Ein Beispiel hierfür lieferte die Untersuchung von Falk (2007), die die Effekte des Verschickens von Geschenken an potenzielle Spender auf deren Spendenverhalten hinsichtlich Häufigkeit und Betrag analysierte. Die Ergebnisse zeigten, dass kleine Geschenke zu einer 17%igen Steigerung der Spenden und große Geschenke zu einer sogar 75%igen Steigerung führten. Interessanterweise tendierten jedoch Personen, die große Geschenke erhielten, dazu, geringere Beträge zu spenden. Im Gegensatz dazu zeigten jene, die kein Geschenk erhielten, die höchste Neigung, größere Spendenbeträge beizusteuern.

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