Die Vorteile der Gegenwärtigkeit – Achtsamkeit als Weg zu mehr psychischem Wohlbefinden

Brown, K. W. & Ryan, R. M. (2003)
Die Vorteile der Gegenwärtigkeit – Achtsamkeit als Weg zu mehr psychischem Wohlbefinden
In ihrem einflussreichen Artikel untersuchen Brown und Ryan (2003), welchen Beitrag Achtsamkeit zur psychischen Gesundheit leisten kann. Achtsamkeit wird dabei als die Fähigkeit definiert, mit bewusster und nicht wertender Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu verweilen, anstatt in Gedanken über Vergangenes oder Zukünftiges zu verharren oder im Autopilot-Modus zu funktionieren.
Um diese Fähigkeit messbar zu machen, entwickelten die Autoren die Mindful Attention Awareness Scale (MAAS), ein psychologisches Instrument zur Erfassung individueller Unterschiede im Ausmaß alltäglicher Achtsamkeit. In mehreren Studien mit über 1.000 Teilnehmenden zeigte sich, dass Menschen mit höheren Achtsamkeitswerten weniger unter Stress, Depression und Angst litten. Gleichzeitig berichteten sie über mehr Lebenszufriedenheit, Selbstwertgefühl, Vitalität und positive Emotionen. Achtsamkeit hing zudem mit einem erhöhten Maß an Selbstregulation, emotionaler Klarheit und einem bewussteren Verhalten im Alltag zusammen.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Effekte sowohl auf situativer (Moment-zuMoment-Achtsamkeit) als auch auf dispositioneller Ebene (generelle Achtsamkeit im Alltag) nachgewiesen wurden. In einer Interventionsstudie mit Krebspatienten konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass ein achtwöchiges Achtsamkeitstraining nicht nur das Stressniveau reduzierte, sondern auch zu einer signifikanten Verbesserung der Stimmung beitrug, je stärker das Achtsamkeitserleben zunahm, desto mehr nahm die psychische Belastung ab.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Achtsamkeit ein zentrales Element psychischen Wohlbefindens ist, sowohl im präventiven als auch im therapeutischen Kontext. Sie kann dabei helfen, automatisierte Denk- und Verhaltensmuster zu durchbrechen, bewusster zu handeln und besser mit schwierigen Emotionen umzugehen.