Erfolgreiches Altern: mehr als nur frei von Krankheit
Rowe, J. & Kahn, R. (1997)
Leitartikel: Erfolgreiches Altern.
Der Artikel von Rowe und Kahn beschreibt, welche Herausforderungen der aktuelle demografische Wandel mit sich bringt. Das durchschnittliche Bevölkerungsalter steigt, weshalb Faktoren, die den Erfolg im Altern vorhersagen, in der Forschung zunehmend an Bedeutung gewinnen. In der Gerontologie (der Wissenschaft des Alterns) spricht man dabei von sogenanntem „erfolgreichem Altern“.
Während man früher nur zwischen Krankheit und Gesundheit im Alter unterschieden hat, wird in neueren Konzepten die Gruppe der gesunden älteren Menschen noch einmal unterteilt in jene, mit dennoch erhöhtem Krankheitsrisiko und jene, mit niedrigem Risiko für eine spätere Erkrankung.
Erfolgreiches Altern umfasst also mehr als das bloße Fehlen von Krankheit.
Die Autoren nennen drei Komponenten, welche jenen Erfolg im Altern ausmachen:
(1) Vermeidung von Krankheit: Es geht nicht nur um das tatsächliche Auftreten einer Krankheit, sondern auch um die Menge an vorhandenen Risikofaktoren, welche sie begünstigen.
(2) Hohes körperliches und kognitives Funktionsniveau: Es geht nicht nur um das bloße Vorhandensein von Fähigkeiten und Potenzial, sondern um die tatsächliche aktive Umsetzung in die Tat.
(3) Aktive Teilnahme am Leben: Hier geht es sowohl um zwischenmenschliche Beziehungen (Zuneigung, Austausch, Unterstützung), als auch um produktive Aktivitäten. Eine Tätigkeit ist dann produktiv, wenn sie einen gesellschaftlichen Wert schafft, unabhängig davon, ob sie vergütet wird oder nicht.
Neuere Forschung konnte zeigen, dass viele der üblichen Alterungsmerkmale auf den Lebensstil und andere Faktoren zurückzuführen sind, die zwar mit dem Alter in gewisser Weise zusammenhängen, aber nicht direkt vom Alter selbst abhängen.
Obwohl genetische Vererbbarkeit das Krankheitsrisiko erhöht, haben mehrere Studien gezeigt, dass die wichtigsten Faktoren altersbedingte, aber potenziell vermeidbare Faktoren sind, wie zum Beispiel die Menge und die Verteilung des Körperfetts, körperliche Aktivität und Ernährung. Eine Studie von Katzel und Kollegen (1995) kam sogar zu der Erkenntnis, dass mit zunehmendem Alter der relative Beitrag genetischer Faktoren abnimmt und der Einfluss nicht-genetischer beeinflussbarer Faktoren zunimmt.
Doch selbst ältere Menschen, die erfolgreich altern, haben die oben genannten Kriterien nicht zu jedem Zeitpunkt in der Vergangenheit erfüllt. Es geht hier um ein “in und aus dem Erfolg bewegen“, denn auch unter den glücklichsten Umständen bringt das Älterwerden wiederholte Erfahrungen mit chronischen oder wiederkehrenden Belastungen mit sich. Hier stellt sich dann nur die Frage des Umgangs mit derartigen kritischen oder stressigen Lebensereignissen. In der Wissenschaft spricht man hier von dem Konzept der „Resilienz“, also den Fähigkeiten zu einer gelingenden Problembewältigung, den sogenannten „life skills“.