Zwischen Einsamkeit und Endlosscrollen: Warum Studierende anfällig für Smartphone-Sucht sind

Li et al. (2021)
Leitartikel: Loneliness and Mobile Phone Addiction Among Chinese College Students: The Mediating Roles of Boredom Proneness and Self-Control
In ihrer Studie untersuchen Li et al. (2021), wie Einsamkeit mit exzessiver Smartphone-Nutzung zusammenhängt und welche psychologischen Faktoren diesen Zusammenhang erklären können. Im Fokus stehen dabei zwei vermittelnde Größen: Langeweile und Selbstkontrolle.
Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass besonders Studierende gefährdet sind, eine Abhängigkeit vom Smartphone zu entwickeln. Sie verbringen viel Zeit online, sind sozial oft isoliert und nutzen digitale Geräte auch zur Emotionsregulation. Frühere Studien zeigen, dass Einsamkeit ein Prädiktor für problematische Handynutzung ist. Warum das so ist, blieb bislang unklar.
Die Autorinnen und Autoren befragten über 1000 chinesische Studierende mithilfe validierter Skalen zu Einsamkeit, Langeweile, Selbstkontrolle und Smartphone-Sucht. Die Ergebnisse zeigen: Wer sich einsam fühlt, neigt stärker zur Langeweile und hat gleichzeitig geringere Selbstkontrolle. Beides wiederum steht in engem Zusammenhang mit einer erhöhten Smartphone-Nutzung. Besonders auffällig ist, dass wenn Langeweile und mangelnde Selbstkontrolle nacheinander auftreten, sie den Zusammenhang zwischen Einsamkeit und Sucht vollständig erklären.
Diese Befunde legen nahe, dass Einsamkeit nicht direkt zur Sucht führt. Vielmehr geschieht dies über den Umweg emotionaler Leere und nachlassender Selbstregulation. Menschen, die sich einsam fühlen, suchen häufiger nach Reizen oder Ablenkung und greifen so öfter zum Handy. Gleichzeitig fehlt ihnen in diesen Momenten die kognitive Kraft, das eigene Verhalten zu steuern.
Die Studie liefert damit wichtige Impulse für Prävention und Intervention. Wer Smartphone-Sucht vorbeugen möchte, sollte nicht nur an der Nutzung selbst ansetzen, sondern auch emotionale und selbstregulative Fähigkeiten fördern. Besonders vielversprechend sind Ansätze wie Verhaltensaktivierung gegen Langeweile oder gezieltes Training von Selbstkontrolle, zum Beispiel durch achtsamkeitsbasierte Methoden. So kann der Kreislauf aus Einsamkeit, innerer Leere und digitaler Flucht durchbrochen werden.