Rivalität als Quelle des Glücks: Die Kraft der Konkurrenz.
Siegler, V. (2007)
Leitartikel: Konkurrenz belebt das Gefühl.
Oft erfolgt die Bewertung der eigenen Leistungen unbewusst durch den Vergleich mit anderen – so erfolgt eine Einordnung in das menschliche Sozialgefüge. Wie genau diese Einordnung das Wohlbefinden beeinflusst, wird in der Wirtschafts- und Verhaltensforschung seit vielen Jahren diskutiert. Die traditionelle ökonomische Meinung war es bisher, dass allein die Höhe der Belohnung über das Gefühl von Erfolg oder Misserfolg entscheidet, unabhängig von Vergleichen mit konkurrierenden Personen.
In einer Studie wurde mithilfe funktioneller Magnetresonanztomografie das Gehirn 38 männlicher Probanden dahingehend untersucht, wie die Wahrnehmung von Konkurrenz sich auf das Glücksgefühl nach einer Belohnung auswirkt.
Durch frühere Studien an Tieren und Menschen kennt die Hirnforschung drei wichtige Bereiche, die über den inneren Antrieb entscheiden. Gemeinsam bilden sie das sogenannte Belohnungssystem. Dieses entscheidet darüber, ob es sinnvoll ist, eine bestimmte Leistung zu erbringen oder nicht.
Diese drei Bereiche sind der orbitofrontale Kortex, welcher dem Menschen dabei hilft, gewinnoptimiert zu handeln; die Amygdala, welche als Gefühlszentrale dient und dementsprechend die Intensität der Reaktion auf Belohnung reguliert und das ventrale Striatum. Letztere Hirnregion wurde im Rahmen dieser Studie untersucht. Vermutet wurde, dass dieses System vor allem abschätzt, wie wahrscheinlich es ist, eine Belohnung für eine gestellte Aufgabe zu bekommen und wie stark in diesem Zuge das Gefühl, „sich etwas verdient haben“ in Erscheinung treten sollte.
Jeweils zwei Probanden wurden an einen Hirnscanner angeschlossen und gebeten, parallel eine Denkaufgabe zu lösen. Jeweils im Anschluss erfuhren sie, ob sie richtig oder falsch gelegen hatten und wie ihr Konkurrent abgeschnitten hat.
Sie wurden dabei monetär belohnt, wobei beide Versuchspersonen jeweils Bescheid bekamen, mit wie viel Geld sie und auch ihr Gegner für die richtigen Antworten entlohnt wurden.
Die Ergebnisse zeigten, dass das ventrale Striatum nicht nur von der eigenen Belohnung aktiviert wurde, sondern dass auch die Entlohnung des Konkurrenten Auswirkungen auf das Glücksgefühl zeigte: hatte der Konkurrent verloren, regte sich das Belohnungssystem der gewinnenden Person besonders stark.
Wenn hingegen beide den gleichen Lohn für ihre Leistung erhielten, fiel die Aktivierung des ventralen Striatums verhältnismäßig gering aus. Bekam der Kontrahent mehr Geld, dann sank die Aktivierung – trotz erfolgreicher Lösung der Aufgabe und Belohnung – sogar ab.
Zumindest Männer scheinen also viel Motivation aus dem Wettbewerb mit anderen Personen zu erhalten, was im klaren Widerspruch zur traditionellen ökonomischen Theorie steht.